Erschienen in den Dresdner Neusten Nachrichten am 6. Juli 2000
Allzuviele Musiker gibt es in Dresden nicht (mehr), die Komponisten noch direkt zum Schreiben anregen und ermutigen. Im jüngsten Konzert der novum-Reihe im riesa efau brachten Matthias Lorenz und Stefan Eder das Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit zur Uraufführung: "Echoi" von Thomas Kupsch. Der Titel hat nichts mit dem Phänomen des Echos zu tun, sondern vielmehr mit alten byzantinischen Modi und vokalen Intonationen.
Da konnte man aus dem Stück schon einige Bezüge heraushören: immer neue gestisch-melodische Ansätze, Umspielungen, auch manches, das zum Formelhaften tendierte. Auf ungewöhnliche Techniken der Klangerzeugung hatte Kupsch verzichtet. Lorenz und Eder spielten das Werk intensiv (mit leichten Unsicherheiten in Intonation und Tongestaltung im Cellopart) und versuchten auch, die eine oder andere eher konventionelle Geste glaubwürdig zu vermitteln.
Eine Entdeckung die dann folgende Sonate des Tschechen Viktor Kalabis aus dem Jahr 1968: klassizistische Modelle, die sich festfahren in verbissenen Repetitionen, immer wieder zum Stocken gebrachter rhythmischer Schwung. Für die beiden Interpreten, die sich gleichermaßen als Freunde kräftiger, bisweilen ruppiger Tongebung präsentierten, fürwahr ein gefundenes Fressen: eine fast wuchtig zu nennende, ergreifende Aufführung.
Bernd Alois Zimmermanns "Intercomunicazione", das an Jahren älteste, aber in seiner Klangsprache modernste Werk des Abends, ist eine Herausforderung für Musiker und Hörer, die jenseits der üblichen kammermusikalischen Ansprüche liegt. Das Innerste des Klangs ist hier "Thema" des Werks, und äußerste Konzentration verlangt es. Matthias Lorenz war dem gewachsen, scheute auch nicht die Grenzüberschreitung zum Brüchigen und bot so eine Interpretation von hoher Intensität. Stefan Eder konnte sich, sicher auch durch den völlig überforderten Flügel behindert, erst in den Eruptionen des Schlußabschnitts aus einem leicht verwaschenen, wenig präsenten Klangbild befreien.
Astor Piazzolas "Grand Tango", mit Schwung und Hingabe, aber ohne Übertreibung gespielt, gab dem Abend einen wirkungsvollen Abschluß - obgleich möglicherweise die eine oder der andere im Publikum mit mir der Meinung war, dass dieses Stück nicht ganz die passende Fortsetzung zu den musikalischen Grenzgängen der "Intercomunicazione" schien.
Benjamin Schweitzer